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Kultur pur

Nein, viele waren wir nicht, aber immerhin 5 Schüler hatten sich getraut, neben Frau Theis, die lange und beschwerliche Zugfahrt nach Wien anzutreten. Das hat außerordentliche Vorteile: Zuerst einmal findet man zu sechst bequem in einem Sechserabteil der deutschen Eisenbahnen Platz, und während der 10stündigen Zugfahrt hatten wir Gelegenheit jede Kombination des auf-, neben-, unter- und übereinandersitzens auszutesten. So richtig gemütlich wurde es aber erst als wir aussteigen durften. Das war also Wien, Großstadtduft drang uns in die Nasen und tatsächlich hatte diese Stadt etwas Großes. Für Nichtkenner ist es sicher schwierig nachzuvollziehen, aber Wien ist mit Sicherheit die faszinierendste Stadt in Europa. Die unglaubliche Größe dieser Stadt fällt gar nicht auf, es gibt kein Hochhaus, nicht viel Verkehr - diese Stadt hat echt Charme. Ganz im Gegensatz zu unserer Unterkunft: Während Frau Theis ihr Zimmer ganz allein, sozusagen für sich hatte, war es für uns etwas schwieriger. Es gab nämlich nur Viererzimmer und wir hatten nun mal diese unglückliche Kombination aus 2 Jungs und 3 Mädels, was bedeutete, das (Hauptsaison!!) wir alle noch Zimmergenossen bekamen. Das war dann etwas knifflig: Unser erster männlicher(?) Mitbewohner hatte wohl einen leicht tuntigen Einschlag, wir wurden also nett mit einem "Hallöchen, ihr Hübschen" begrüßt und Jan und ich hätten wirklich gerne die Nacht im Mädchenzimmer verbracht, aber die hatten ja auch Full house. So standen wir also Stunden vor der Tür und losten aus, wer als erster das Zimmer betreten sollte - na und dann kam er doch von hinten, also er war gar nicht im Zimmer und wir standen umsonst die halbe Nacht draußen. Am nächsten Tag zog er dann, Gott sei Dank, aus und es kam der asthmatische Brocken: Ein großes, dickes etwas, der unter der Dusche ganz abscheuliche Geräusche von sich geben konnte. Zum Glück gab es zwei Duschen! Bei unseren Frauen lebte ab dem dritten Tag Jutta, eine alleinstehende Mittdreißigerin, die sich gerne unseren Exkursionen anschloß, aber es ist gar nicht so schwer verschiedene Leute loszuwerden, denn Wien ist groß ("Wo warst du denn, wir haben dich überall gesucht, Jutta!")

Da wir ja nur eine Zwergenfahrt waren (quantitativ), konnten die Interessen des Einzelnen liebevoll berücksichtigt werden. So besichtigten wir das Freud-Museum (dank Jan), Hundertwasserbauten (Pia), das Theatermuseum (Fr.Theis), die Synagoge (Steph) und die Staatsoper (das war gut !). Keas Interessen waren leider weniger kulturell, ihr verdanken wir eine walzerselige Schiffahrt auf der schönen, brauen Donau - so konnten wir uns endlich ganz dem Touristen in uns hingeben. Da alle Theater geschlossen hatten (natürlich), blieb uns noch der Besuch bei "Die Schöne und das Biest", also mir hat's gefallen, andere haben ein Problem damit kindliche Gefühle wieder aufkeimen zu lassen (Freud sagt dazu Verdrängung). Und mir blieb noch der Besuch im Stadion, wo Carreras, Domingo und Pavarotti ein Gastspiel gaben (so sollte man alle Fußballstadien nutzen, die stehn eh alle nur dumm rum!), während die anderen lustige Gesellschaftsspielchen (nichts versautes) , sagen wir, machten. So wurden wir also zu einer verschworenen Gemeinschaft und schließlich konnten wir bei der Heimfahrt aus den Hinfahrterfahrungen profitieren und hatten dann jeder sein eigenes Abteil. Vielen Dank Frau Theis, das Sie trotz der kleinen Zahl diesen Sprung in die Donau mit und gewagt haben, es hat sich doch auch gelohnt, oder?

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